Straßenbahn: Geschichte West Berlin

Straßenbahn Geschichte West Berlin

4. West Berlin

Ab dem Jahr 1952 gab es in West-Berlin einen Wechsel in der Verkehrspolitik, die auf einen Ersatz des Straßenbahnverkehrs durch Erweiterung der U-Bahn- und Autobus-Strecken abzielte. Ein diesbezüglicher Beschluss wurde nicht förmlich gefasst, er kristallisierte sich vielmehr erst nach und nach heraus. Es begann mit einer Bestellung neuer Straßenbahnwagen und Autobusse, die inzwischen dringend benötigt wurden und für deren Finanzierung ein 12-Millionen-DM-Kredit für den Kauf von 40 Straßenbahnwagen und 20 Autobusse beantragt wurde. An der Spitze der BVG wurden immer mehr Bedenken geäußert, denn einmal seien die Tests für den neuen Straßenbahntyp nicht erfolgversprechend verlaufen und zweitens wies man auf andere europäische Metropolen, in denen die Straßenbahnen ebenfalls eingestellt wurden.

 

Die Straßenbahn wurde als überflüssig betrachtet, da Berlin zu jener Zeit bereits ein gutes Basis-U-Bahn-Netz besaß. Der damals stark wachsende Oberflächenverkehr würde die Straßenbahn (die damals meist ohne eigenen Gleiskörper fuhr) nur behindern. Diesem Problem könne man nur mit Tunnelstrecken entgegen wirken. Aufgrund dieser Argumente wurde der Kredit schließlich umgewandelt und mit Zustimmung des Berliner Senats für den Kauf von 120 (Doppeldecker-)Bussen verwendet.

Dies war zwar kein direkter Beschluss zur Abschaffung der Straßenbahn, doch war dies die logische Konsequenz daraus, wenn der Wagenpark nicht erneuert werden würde. Ab 1954 wurden die Straßenbahnlinien durch Omnibusse und in Einzelfällen durch die in den Folgejahrzehnten großzügig ausgebaute U-Bahn ersetzt. Zuerst wurde der Norden West-Berlins „straßenbahnfrei“, 1958 schlossen die Betriebshöfe Müllerstraße und Tegel, am 30. September 1960 der Betriebshof Reinickendorf sowie die Straßenbahnlinie 35, die letzte im französischen Sektor der Stadt. Ende 1962 gab es im Westteil der Stadt noch 18 Straßenbahnlinien.

Am 22. März 1965 wurde die letzte Obuslinie Berlins stillgelegt. Das Verkehrsmittel konnte sich hier, anders als in anderen Großstädten, nie recht durchsetzen und wurde zu keiner ernsthaften Konkurrenz für die Straßenbahn. Ende 1965 betrieb die BVG-West noch acht Straßenbahnlinien, die Stillegungen wurden in hohem Tempo fortgesetzt. Am 2. Oktober 1967 fuhr zum letzten Mal eine Straßenbahn in West-Berlin; die letzte Linie mit der Nummer 55, die vom Bahnhof Zoo über den Spandauer Damm bis Spandau-Hakenfelde fuhr, wurde stillgelegt.

 
14.10.1950 keine Linien mehr ins Umland
16.01.1953 keine Linien mehr über die Sektorengrenzen in Berlin
Juli 1954 Auflösung des Netzes beginnt, nach dem ein bewilligter Kredit aus verschiedenen Gründen nur für den Kauf von Omnibussen verwendet wird (geplant waren 40 Grossraum- Strassenbahnwagen und nur 20 Omnibusse)
02.10.1967 Einstellung der letzten Linie: Zoo – Hakenfelde
16.03.1973 Museumsbetrieb auf der stillgelegten Hochbahnstrecke Bülowstr. – Nollendorfplatz aufgenommen
15.04.1991 Museumsbetrieb auf der stillgelegten Hochbahnstrecke Bülowstr. – Nollendorfplatz beendet, um die U-Bahn wieder aufzubauen
01.01.1992 Vereinigung BVG – BVB
 
 

4.1. Umstellung von Straßenbahnlinien auf Busbetrieb bzw. parallel verlaufende U-Bahn Linien – lt. Berliner Verkehrsblätter 09+10/87 ab Seite 182 –

Datum Linie von – nach
01.07.1954 76 Grunewald, Hagenplatz – Anhalter Bahnhof
79 Grunewald, Hagenplatz – Nollendorfplatz
01.11.1954 57 Roseneck – Emser Platz
01.05.1957 51 Roseneck – Bahnhof Zoo
01.06.1958 28 Bahnhof Gesundbrunnen, Rügener Str. – Tegelort
29 Bahnhof Gesundbrunnen, Rügener Str. – Heiligensee
41 Bernauer Str. – Alt-Tegel
68 Nettelbeckplatz – Bahnhof Wittenau (Nordbahn)
01.10.1959 40 Dahlem, Clayallee – Steglitz, Birkbuschstr.
94 Oranienplatz – Schulenburgpark
02.05.1960 23 Bahnhof Wollankstr. – Moabit, Zwinglistr.
24 Bahnhof Wollankstr. – Bernauer Str.
36 Bahnhof Wilhelmsruh – Rügener Str.
01.10.1960 35 Bahnhof Wilhelmsruh – Siemensstadt
01.03.1961 88 Steglitz, Stadtpark – Wiener Brücke
01.07.1961 6 Neukölln, Elsenstr. – R.-Wagner-Platz
01.09.1961 25 Schöneberg, Gotenstr. – Bernauer Str.
01.10.1961 98 Bahnhof Tempelhof – Marienfelde, Daimlerstr.
99 Bahnhof Tempelhof – Bahnhof Lichtenrade
02.05.1962 60 Charlottenburg, Königin-Elisabeth-Str. – Lindenhof
73 Potsdamer Platz – Bf. Lichterfelde Ost
02.05.1963 44 Invalidenstr. – Steglitz, Birkbuschstr.
66 Wartburgplatz – Thorwaldsenstr.
74 Potsdamer Platz – Lichterfelde, Finckensteinallee
77 Bahnhof Zoo – Lichterfelde, Goerzallee
78 Bahnhof Zoo – Lichterfelde, Lindenstr.
29.09.1963 26 Spreewaldplatz – Tempelhof, Industriestr.
01.06.1964 2 Bernauer Str. – Schöneberg, Gotenstr.
01.08.1964 3 Fehrbelliner Pl. – Osloer Str.
01.10.1964 27 Spreewaldplatz – Buckow
02.05.1965 95 Mehringplatz – Sonnenallee, Schwarzer Weg
24.01.1966 75 Zoo, Kantstr. – Hakenfelde
76 Zoo, Kantstr. – Johannesstift
02.05.1966 96 Mehringdamm, Gneisenaustr. – Lichterfelde, Goerzallee
01.07.1966 15 Schulenburgpark – Marienfelde, Daimlerstr.
01.10.1966 47 Britz, Gradestr. – Rudow
10.1966 N alle Nachtlinien sind jetzt auf Busbetrieb umgestellt
02.05.1967 53 R.-Wagner-Platz – Hakenfelde
54 R.-Wagner-Platz – Johannesstift
02.10.1967 55 Bahnhof Zoo – Hakenfelde
 
 

4.2. Linien- und Fahrzeugstatistik

Jahr Linien Wagenpark
Ende ~ Anzahl Strecken-
länge in km
Linien-
länge in km
Trieb-
wagen
Bei-
wagen
Arbeits-
fahrzeuge
1953 37 267,1 423,6 623 508 326
1954 33 253,3 389,9 607 505 345
1955 33 253,9 391,6 502 473 234
1956 34 255,1 404,0 501 473 235
1957 33 247,8 402,3 501 473 235
1958 29 219,7 343,8 500 473 223
1959 29 215,1 366,1 500 473 218
1960 25 204,2 335,9 475 468 154
1961 20 167,4 254,2 472 468 118
1962 18 157,6 231,7 464 466 91
1963 12 117,2 152,6 444 466 85
1964 9 80,0 113,0 322 186 66
1965 8 74,0 105,6 220 89 53
1966 3 26,7 38,9 176 39 41
1967